22. Juli 2023 – Worcław (dt. Breslau)
Die Strecke zwischen Prag und Breslau beträgt rund 290 km. Anfangs fahren wir auf der Autobahn zurück Richtung Pardubitz (endlose Baustelle mit Stau), am Rozkos-See vorbei und weiter zum Grenzübergang bei Nachod. Jetzt kommen noch 130 km Landstrasse, für die das Navi mehr als 3 Stunden veranschlagt. Es hat sich nicht verrechnet. Obwohl am heutigen Samstag keine LKWs fahren, kann man keinen Durchschnitt von 50 km/h erreichen. Die Gegend im tschechische-polnischen Grenzgebiet ist im Winter Skigebiet. Wir haben wegen des Wochenendes wieder einen Platz reserviert. Das Camp-Wroc liegt etwas ausserhalb der Stadt, und ist eine private Wiese mit vielleicht 30 Stellplätzen. Der Empfang war recht kurz – 320 Sloty zahlen für 2 Nächte, auf der Rückseite der Rechnung der Stadtplan. Man bekommt ein Token, um die Eingangstür zu öffnen. Der Platz ist recht schön mit Hecken um die Stellplätze, Anlage ist sehr gut ausgestattet, Toiletten mit integrierten Duschen. Wir satteln die Räder und fahren 6 km bis zum Zentrum. Am Samstag scheinen manche Autofahrer durchzudrehen, jedenfalls rasen einige mit bestimmt 100 km/h durch die Innenstadt. Wer was zu zeigen hat, macht das auch. Laut wummernde Edelkarossen fahren im Kreis, damit auch jeder sieht, wer welches Auto fährt. Der Porsche wird direkt in der Fussgängerzone geparkt, usw. Das Radnetz ist ausserhalb des Zentrum sehr gut, aber in der Altstadt fehlt einfach der Platz. Trotzdem fahren die Autofetischisten durch jede noch so enge Gasse.Wir schieben die Räder durch die Fussgängerzone, denn es ist wirklich viel los in der Innenstadt. Auf dem Marktplatz ist eine Openair-Kino aufgebaut. Wir suchen das Hotel Dwor Polski, denn Karin hat in einem Youtube-Video gesehen, dass dort die besten Piroggen der Stadt gekocht werden. Wir suchen einige Zeit rum und stellen letztlich fest, dass wir ganz am Anfang unserer Rundfahrt bereits direkt davor gestanden haben. Wir nehmen einen Tisch direkt am Rand – so können wir unsere Fahrräder im Blick behalten. Am Camp wird vor Taschendieben in der Innenstadt und in den öffentlichen Verkehrsmitteln gewarnt. Der Platz am Rande des Restaurants hat den Nachteil, dass immer mal wieder elendig aussehende Bettler neben dem Tisch stehen.
Wir essen in Wein gekochte Geflügelleber mit Preiselbeersosse und eine polnische Suppe namens Zurek, die in einem gebackenen Brotlaib serviert wird. Es ist eine deftig schmeckende Suppe mit Wurstscheiben. Als Hauptspeise bestellen wir beide Piroggen. Karin wählt die vegetarische Variante, ich mit einer Füllung aus Ente mit Cranberries, die mit einer Orangensosse serviert werden. Beide Varianten schmecken gut, waren für unseren Geschmack aber etwas zu wenig gewürzt. Im Inneren des Restaurants hängen Fotos von berühmten Gästen – Kanzler Kohl, Papst Johannes Paul II. und hochrangige Politiker Polens haben hier auch schon gegessen. Überall stehen Möbel-Antiquitäten in bestem Zustand herum. Mit einem Glas Wein und Limonade zahlen wir 44 Euro.
Da es bereits 19 Uhr ist, machen wir uns auf den Rückweg, der sich zur Sightseeing Tour entwickelt, da wir an vielen Sehenswürdigkeiten Breslaus vorbeifahren. Wir nehmen einen Weg entlang der Oder, der zur Jahrhunderthalle führt. Die Partyschiffe rüsten sich für die Nacht, überall sitzen Menschen in Bars, die am Ufer eingerichtet sind. Von dort geht es immer im Grünen durch einen Park, hinter dem Zoo entlang, über eine Fussgängerbrücke, an Sportanlagen entlang.
Die Iglica, so heisst die Säule vor der Halle, wurde im Jahr 1948 nach einem Entwurf des Ingenieurs Stanisław Hempel anlässlich der in Breslau abgehaltenen Ausstellung der „wiedergewonnenen Gebiete“ errichtet und war ursprünglich 106 Meter hoch. Auf dem Turm wurden anfänglich Spiegel installiert, die, angestrahlt, Lichteffekte bieten sollten. Sie wurden am 20. Juli 1948 während eines Unwetters zerstört. Ihre Reste wurden im Oktober 1948 von zwei studentischen Kletterern entfernt. Seit dem Jahr 1964 beträgt die Höhe des teilweise abgebauten Turms nur noch 90 Meter. Im Jahr 2016 wurde die Iglica saniert und dabei mit einem neuen Anstrich versehen. Zu diesem Zweck wurde sie in Richtung der ehemals überdachten Stelen umgelegt (Wikipedia).
Irgendwann stossen wir auf den Weg, den wir auf dem Weg in die Stadt genommen hatten. Mehrere Häuser haben Graffiti an der Hauswand. Es ist inzwischen recht kalt geworden und wir sind froh, am Camp angekommen zu sein.