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28. Dezember 2011 – Fahrt nach Madurai

Heute Nacht fuhren wir nach Madurai. Zuvor blieb noch einige Zeit, die wir nochmals zu einer Wanderung durch eine Teeplantage nutzten.

Auf dem Spaziergang kamen wir an einem Ayurveda-Zentrum (Swatic Ayur Center) vorbei. Karin entschloss sich spontan mal nachzufragen, was eine Behandlung kostet und ob es möglich wäre sofort behandelt zu werden. Die beiden Experten, die das Zentrum leiten, sahen auf den Bildern an der Wand ziemlich entschlossen aus. Nach einer 90 minütigen Behandlung kam sie dann ziemlich erledigt, mit öligen Haaren, wieder heraus. Karin schilderte anschliessend ihr Erlebnis. „Das war ein echtes Erlebnis. Nach kurzer Wartzezeit wurde ich in einen anderen Raum geführt, wo ich mich ausziehen sollte. Ich bekam ein Gazehöschen Marke supersexy dargereicht und dann gings in den Nebenraum, wo ein komischer Holzbottich stand, der nur oben ein Loch hatte. Vorne war er zu öffnen und im Inneren gab es eine kleine Bank. Bei diesem Anblick, der mir wie ein Guilliotinekasten vorkam, hab ich mir echt überlegt, ob ich das nicht alles absagen sollte, aber schliesslich überwog doch die Neugier. Ich setzte mich also auf das Bänkchen und die Dame schloss den Bottich und nur mein Kopf ragte heraus. Dann wurde irgendwie heisser Dampf ins Innere geleitet und da sass ich dann in meiner Schwitzkiste und schwitzte vor mich hin. Ich denke, es waren so 20-30 Minuten, es war nicht so heiss wie in einer Sauna und so konnte ich es gut aushalten. Dann kam die Dame wieder, befreite mich aus meinem dampfenden Gefängnis, rieb mir mit Lappen den Schweiss ab und meinte gestenreich, ich solle mich nun auf die Holzbank legen, die vor dem Bottich stand. Rechts und links der Bank waren Rinnen eingelassen und insgesamt sah es eher nach Streckbank, als nach Massageliege aus. Es war auch nicht wirklich bequem, aber anscheinend sollte das so sein. Als ich mich einigermassen installiert hatte, wurde mir warmes Öl über den Hinterkopf und die Stirn gegossen, immer so, dass mir nichts in die Augen floss, sondern rechts und links der Stirn abfliessen konnte. Ich kam so richtig in Trance, folgte nur diesem warmen, weichen Ölfluss an meinem Kopf hinunter und so ging es weiter von Kopf bis Fuss. Immer der Ölstrahl und danach die massierenden Hände, die auch vor meinen Haaren nicht Halt machten. Das Öl floss dann die Rinnen hinab, aufgefangen, erwärmt und wieder abgefüllt in kleine Schalen und danach wieder gegossen. Eingeölt wie eine Sardine flutschte ich auf dem Tisch hin und her und nach einer gefühlten Ewigkeit auch hinunter. Danach kam wieder die Abreibung mit den Lappen und mit denselben um die Füsse wurde ich wieder ins Ankleidezimmer geleitet. Das war vielleicht eine flutschige Angelegenheit! Und nichts mit abduschen und so, das sollte ich auf keinen Fall machen. Nach Hause gehen und ruhen war die Anweisung!“

Also ich muss sagen, so eine Massage hatte ich noch nie, es hat mir sehr gefallen, danach hat sich meine Haut völlig vollgesogen und samtig angefühlt…könnte zur Gewohnheit werden….

Ich hatte keine Lust auf Ayurveda und wanderte solange durch die Stadt, den Markt und beobachtete das Geschehen auf den Strassen. Auf einem Platz diskutierten Fahrer vor ihren Allradfahrzeugen, mit denen sie Touristen in der Gegend herumfahren und natürlich warteten auch Tuktuks auf Kundschaft.

Wir hatten inzwischen recherchiert und herausgefunden, weshalb die beiden Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu streiten – wegen Wasser. Der Periyar-Stausee grenzt an Tamil Nadu. Zwischen den beiden Bundesländern gab es seit 1970 ein Abkommen, dass das Wasser aus dem Stausee von Tamil Nadu zur Stromgewinnung und zur Bewässerung der Felder genutzt werden darf. Kerala bekam im Ausgleich Zahlungen von Tamil Nadu. Nun bekam der inzwischen 115 Jahre alte Mullaperiyar Staudamm bereits 1979 durch kleinere Erdbeben Risse, wurde als unsicher und einsturzgefährdet eingestuft. Kerala reduzierte deshalb den Wasserstand des Stausees vorsichtshalber um 2,5 m, denn bei einem Dammbruch würde mehr als 3 Millionen Einwohner Keralas unter den Fluten begraben. Tamil Nadu verklagte daraufhin Kerala, weil ihm hohe Verluste entstünden, wenn die volle Kapazität des Stausees nicht genutzt werden könnte. Es kam zu zahlreichen Gerichtsverfahren ohne klare Ergebnisse. 2009 schlug Kerala den Bau eines neuen Damms vor, aber Tamil Nadu lehnte ab. 2011 führten weitere kleine Erdbeben zu neuen Rissen im Damm. In der Bevölkerung beider Staaten kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen und genau in dieser Zeit waren wir an diesem Streitobjekt und wollten sogar die Grenze überschreiten.

Diese Grenze, etwa so wie zwischen Bayern und Baden-Württemberg, war zeitweise geschlossen und unsere Reiseagentur befürchtete, dass Autos mit einem Kerala-Kennzeichen von der Bevölkerung Tamil Nadus mit Steinen beworfen werden. Es gab wohl solche Fälle. Aus diesem Grund sollten wir ein Auto nehmen, das ein Kennzeichen aus Tamil Nadu führte. Ausserdem sollten wir nur in der Nacht fahren, um die Gefahr so gering wie möglich zu halten. Wir waren anfangs zögerlich, liessen uns dann aber doch auf die Fahrt ein. Nach dem Abendessen suchten wir Baby und fanden ihn schlafend in seinem Auto, er musste sich für die Nachtfahrt ausruhen. Wir fuhren also etwa um 22 Uhr los. Für die 160 km wurden 5 Stunden Fahrtzeit veranschlagt. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 32 km/h.

Erst ging es vorbei an den Kardamombergen, ein südlicher Ausläufer der Westghats, die die Grenze zwischen den beiden Staaten bilden. Nach ewigem Kurven durch Wald und Berge – Baby wies uns darauf hin, dass er sehr auf Elefanten achten müsse, die nachts an die Strasse kämen – kamen wir auf einem Berg an die Grenze zu Tamil Nadu – der Schlagbaum war unten – also Grenze zu. Baby ging zur Hütte des Grenzers und diskutierte mit ihm. Als er sah, dass Ausländer im Auto sassen, öffnete er den Schlagbaum und liess uns passieren. Wir fuhren die ganze Nacht durch, um im Morgengrauen ohne Probleme in Madurai anzukommen – alles in allem 7 Stunden Fahrt.

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