29. Dezember 2011 – Madurai
Es war natürlich schade, dass wir die ganze Strecke gefahren sind, ohne etwas von der Gegend zu sehen. In den Bergen war es auch recht kalt und das Auto ohne Heizung. Karin fror ziemlich, bekam eine Blasenentzündung, nahm Antibiotika, und konnte daher heute morgen das Hotel nicht verlassen. Trotz der langen Fahrt, während der ich aber wohl doch etwas geschlafen hatte, war ich nicht müde und während Karin schlief, informierte ich Baby über die Planänderung des heutigen Tags und streunte alleine mit meiner Kamera ein paar Stunden durch die Stadt. Wir logierten im Supreme Hotel (http://www.hotelsupreme.in). Das schon etwas ältere Hotel, ein Betonklotz, bot wirklich kein schönes Zimmer, aber es lag sehr zentral und bot ein ausgezeichnetes Dachterrassen-Restaurant mit sehr guter vegetarischer Kost und genialem Blick über die Stadt.
Madurai, das 2011 bereits mehr als 1 Million Einwohner hatte, ist eine der ältesten Städte Indiens und hat eine mehr als 2000jährige Geschichte. Hier soll der Legende zu Folge Shiva seine Frau Parvati geheiratet haben. Die Hauptattraktion der Stadt ist der Sri Meenakshi Sundareswarar Tempel, dessen Ursprung bis etwa 1200 n.C. zurückgeht. Nach mehreren Zerstörungen wurde er im 16. – 17. Jahrhundert wiederaufgebaut und erweitert. Die 14 Tortürme (gopuram) sind zwischen 40 – 52 m hoch.
Diese Stadt überwältigte mich, alles war komplett anders als in Kerala. In den Strassen viel Chaos und zum ersten Mal frei laufende Kühe – das gab es in Kerala nicht. Die Leute waren überwiegend dunkelhäutige Tamilen, die Frauen trugen bunte Saris, die perfekt zu ihrer dunklen Haut passten. Ich ging ziellos durch die Strassen, landete plötzlich an einem recht dreckigen Fluss. Als ich mich umdrehte, kamen mir schnellen Schrittes Männer entgegen, die auf ihren Schultern eine Bahre mit einem Leichnam trugen, der in weisse Tücher eingewickelt war. Die Gruppe heulte und schrie laut vor Trauer. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Auf keinen Fall ein Foto machen, dachte ich mir. Als sie vorbeigezogen waren, sah ich weit oberhalb am Flussufer eine Verbrennungsstelle, die wohl das Ziel der Gruppe war.
Indien begann mich in seinen Bann zu ziehen, wohin man blickte sah man etwas Neues, Grossartiges, Buntes, ….. Ein Mann an einer handbetriebenen Zuckerrohrpresse – Schneider an fussbetriebenen Nähmaschinen, die Vorvorkriegsmodelle waren – Rikschas in denen sich Frauen vom Einkauf nach Hause fahren liessen – gelbe Tuktuks beherrschten den Verkehr – Männer, die den Müll durchsuchten, der in vielen Strasse am Rand aufgetürmt war – dazwischen Kühe, die ebenfalls den Müll durchwühlten – alles morbide, kein schönes Haus, über den Köpfen ein Wirrwarr an Stromleitungen – einfach krass und so anders als die grünen Teeplantagen und der Urwald auf den Bergen. Nach 2-3 Stunden kehrte ich zum Hotel zurück, Karin ging es schon wieder besser und so konnten wir im Lauf des Nachmittags noch auf eigene Faust in den grossen Tempel gehen.
Überall stiessen wir auf hinduistische Tempelgebäude, die unglaublich reich und bunt verziert waren. Jeder Meter der Verzierungen erzählten eine Geschichte, die wir leider nicht verstanden. Die Detailtreue war fasinierend. Aus unserer Sicht ist bei den Darstellungen die Grenze zum Kitsch oft schon überschritten, aber so ist Indien eben.
Beobachtungen aus dem Tuktuk auf dem Weg zum Sri Meenakshi Tempel.
An der Bushaltestelle
Wir betraten das fast 6 ha grosse Tempelareal durch den West-Torturm und kamen auf einen Platz. An der Seite waren kleinere Säulentempel mit Dach unter denen Brahmanen saßen und mit Pilgern ein Gespräch führten oder Übungen machten. Immer wieder wurden Geldscheine zu den Brahmanen gereicht und einer zückte tatsächlich sein Handy, um ein Gespräch anzunehmen.
Ganesha Statue, die nachts mit einem Gitter gesichert wird.
Die Tausend-Säulen-Halle Parvati Ganesha Ganesha
Ausserhalb des Tempels wurden von Gläubigen an einem Baum und an einem Gerüst kleine Betten aufgehängt, in der Hoffnung, dass die Götter ihren Wunsch nach Kindern erhören. Sonst wieder rege Geschäftigkeit und ein Blick auf die Strominstallation Indiens.
Für abends hatten wir uns einen Tisch auf der Dachterrasse reservieren lassen und sassen nun Ende Dezember bei 28 °C im Surya Roof Top Restaurant, aßen Dosas (indische Pfannkuchen aus Reis und Linsenmehl) mit schmackhaften Chutneys, für die dieses Restaurant berühmt ist und blickten über die Stadt mit den hell beleuchteten Türmen des Tempels.