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31. Dezember 2011 – Thekkady

Gestern Nacht um etwa 22 Uhr fuhren wir zurück nach Kerala. Fast menschenleere Strassen, aber streunende Tiere und unbeleuchtete Fahrzeuge zwangen zu langsamem Fahren und grosser Vorsicht. Irgendwann nach Mitternacht kamen wir an einen geschlossenen Schlagbaum, der Grenze zu Kerala. Schwer bewacht von Polizisten mit Gewehren. Es stehen bereits 3-4 PKW da, alles Fahrer mit Touristen, die ratlos dastehen. Die indischen Fahrer diskutierten mit dem Wachhabenden, der sich auf seine Befehle beruft und nicht öffnen will. Dann stieg ich aus und sprach den Wachhabenden an, ob er englisch verstehe. Als er bejahte, sagte ich ihm unverfroren, dass wir Touristen seien und ich sofort seinen Vorgesetzten sprechen möchte. Er meinte, der würde doch schlafen – er könnte ihn nicht wecken. Darauf zeigte ich auf mein Handy und informierte ihn, dass ich dann den deutschen Botschafter in Delhi anrufen würde, wenn er uns nicht sofort durchlässt. Ich legte noch eins drauf und teilte ihm die folgende Informationskette mit – Botschafter ruft deutschen Aussenminister an – der ruft dann sofort seinen indischen Kollegen an, der wiederum wird die Regierung von Tamil Nadu informieren, dass Touristen an der Grenze zu Kerala aufgehalten werden. Der verantwortliche Minister von Tamil Nadu würde dann den Verantwortlichen für die Grenze anrufen, usw. Der Wachhabende kam ins Grübeln, verschwand in sein Häuschen. Nach zwei Minute kam er raus und befahl uns alle durchzulassen. Unser Fahrer Baby war von meiner „Überzeugungskraft“ sehr beeindruckt. Ich hingegen zitterte innerlich, denn der Bluff hätte auch anders ausgehen können.

Kurz nach Sonnenaufgang musste Baby eine Pause einlegen und einen Kaffee trinken. Auch die anderen Touristentransporte, die mit uns die Grenze passiert hatten, trafen nacheinander ein. Am einzigen offenen Kiosk entstand sofort eine Warteschlange. Baby musste gleich auch seinen Boss anrufen, um zu erzählen, wie die Nacht verlaufen war. Ich vertrat mir ein wenig die Beine und stellte fest, dass wir bereits in den Teeplantage waren. Die Wolken hingen noch tief und als ich mich umdrehte schaute ich direkt in die Augen eines indischen Hutaffen, die zu den Makaken gezählt werden.

Dann war es nur noch ein kurze Strecke zu unserem Hotel Wildernest (http://www.wildernest-kerala.com) in Thekkady. Das Wildernest entpuppte sich als ein aus Natursteinen gemauertes Haus, das genauso auch in den Schweizer Alpen hätte stehen können. Wir bekamen ein schönes grosses Zimmer mit einer Treppe in den schön angelegten Garten und legten uns erst Mal aufs Ohr, um etwas zu schlafen.

Am Nachmittag war erst der Besuch einer Gewürzplantage geplant, dann eine Trekking-Tour durch den Dschungel und anschliessend noch eine Bootsfahrt auf dem Periyar Lake, um eventuell Elefanten und andere Tiere beobachten zu können. Baby brachte uns zum Mittagessen in das Restaurant eines Bekannten. Obwohl der keine Lizenz hatte, um Alkohol auszuschenken, gab es unter der Hand doch ein Bier und wir aßen ein leckeres Curry. Die Trekking-Tour sagten wir ab, da es ziemlich kalt und sehr feucht war. Der Periyar Stausee liegt mitten im Bergland der Westghats auf etwa 1200 m Höhe. Als wir sahen wie die Tourteilnehmer eingepackt waren – alle, auch der Guide, hatten Blutegel-Abwehr-Gamaschen bis hoch zur Hüfte an – waren wir nicht unglücklich über unsere Entscheidung. Später erfuhren wir, dass es bei der Tour nichts wirklich interessantes zu sehen gab. Danach gaben wir Baby frei und gingen zu Fuss zur Anlegestelle des Boots. Auch eine Ausflugsgesellschaft wartete auf ein Boot für die Rundfahrt auf dem Stausee.

Wir beobachteten darweil einen Specht, der gerade damit beschäftigt war eine Made aus einem Baumstamm zu puhlen. Natürlich waren auch wieder die Hutaffen da und versuchten Dinge aus den Taschen der Wartenden zu stibiezen. Dann unternahmen wir noch die Bootstour. Obwohl wir leider keinen Tiger sahen, war die Tour sehr interessant – einige Vögel saßen auf den Spitzen der Bäumestämme, die von den gefluteten Wälder noch aus dem Wasser ragten, am Ufer grasten Wildschweine und Hirsche, ein Nilgiri-Langur sass in einem hohen Baum und wir sichteten sogar einen Nashornvogel, den Malabar-Grautoko (Ocyceros griseus).

Da heute Sylvester war luden wir Baby zum Abendessen ein und reservierten in einem Restaurant  mit gemütlichem Innenraum. Es hatte inzwischen angefangen zu regnen und war richtig kalt. Im Restaurant mit Natursteinwänden brannte ein Feuer im Kamin und wir hätten uns problemlos eine Käsefondue vorstellen können. Während wir die Speisekarte studierten, wurden von einem zischenden Geräusch überrascht. Am Nachbartisch wurde ein Sizzler serviert. Wir, Baby und ich, entschieden uns spontan auch für dieses Gericht. Ein Sizzler war ein Stück Lammfleisch, das auf einer sehr heissen Steinplatte gegrillt wurde. Serviert wurde es zusammen mit etwas Gemüse und einer Sauce auf dieser Steinplatte.

Baby erzählte uns von seinen Plänen. Er wollte auf ein eigenes Auto sparen, damit er endlich selbständig wäre und viel mehr Geld verdienen könnte. Bei einem besseren Einkommen könnte er auch eine Familie gründen. Karin versprach ihm bei seiner Hochzeit in der Kirche zu singen.

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