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5. Februar 2018 – Varanasi – Spaziergang an den Ghats

Heute morgen endlich mal kein Aufstehstress. Nach dem Frühstück machen wir uns mittels Tuktuk auf den Weg zum Assi Ghat, das ist das obere Ghat, wo wir am Tag zuvor mit dem Boot längst umgedreht haben. Für 300 Rupien lassen wir uns wieder mal durchschütteln und die Ohren kaputt hupen, dann geht’s zu Fuß weiter. Ich fühle mich seit Tagen mal wieder frei, einfach so hingehen, wohin ich möchte, nicht immer einem Guide hinterher, nichts hören müssen, nur ab und zu gestört von Bettlerinnen mit mini Babys im Arm oder Männern, die uns entweder in ihr Boot holen oder uns wieder einen Segen verpassen wollen. Aber inzwischen sind wir wirklich geübt im dankend ablehnen und sie lassen uns dann auch meistens in Ruhe. Richtig aufdringlich wird niemand, das ist echt gut.
Im Ganges wird auch noch gefischt …
Unter den Schirmen sitzen Brahmanen und beraten die Gläubigen gegen Entgelt
Ein Strassenhändler hat seinen ganzen Shop dabei.
Sadhus beim Bad im Ganges
 Nach einiger Zeit sehen wir auch schon die erste Verbrennungsstätte und da darf man nicht fotografieren. Achim packt seine Kamera lieber weg, es gibt anscheinend hohe Strafen, wenn man erwischt wird und manche Männer haben sich wohl drauf spezialisiert, leichtgläubigen Touristen, gegen ein kleines Entgelt, versteht sich, die quasi Erlaubnis zu geben und wenn man dann gesehen wird, sind sie weg und man ist dran. Also besser vorsichtig sein.
Täglich finden ungefähr 200!! Verbrennungen statt. Wir beobachten, wie in orange-goldfarbene Tücher gehüllte und mit Blumen geschmückte Leichname auf einer Trage aus Bambusstäben durch die Stadt getragen werden. Die männlichen Familienangehörige gehen hinterher, Frauen dürfen an der Zeremonie nicht teilnehmen. Am Ganges die Bahre in den Fluss getaucht, die farbigen Tücher werden entfernt und der in weisse Tücher eingehüllte Leichnam wird auf einen vorbereitet Holzstapel gelegt und mit weiterem Holz überschichtet. Hinter dem Gath befindet sich der Holzhandel. Riesige Holzvorräte werden hier gelagert und von dort bezieht man dann das Holz, das man benötigt. Wahrscheinlich gibt es da auch noch diverse Unterschiede, je nach Holzart muss man mehr oder weniger bezahlen. Das Holz wird fein säuberlich abwogen, alles ist perfekt arrangiert. Ausser den Holzhändlern profitiert noch jemand. Der Platz für die Verbrennungen gehört einer Privatperson, die sich das teuer bezahlen lässt. Die Einäscherung kostet 20000 Rupien (ca 250 Euro, sehr viel Geld für einen normalen Inder).

Der älteste Sohn hat sich alle Haare und falls vorhanden, den Schnurrbart abrasieren lassen – der „Friseur“-Laden ist direkt neben der Verbrennungsstelle – und zündet dann den Stapel an. Ständig werden neue Leichen hergebracht und alte Feuer sind schon heruntergebrannt. Die Feuer brennen etwa vier Stunden, dann wird ein Teil der Asche eingesammelt und bei einer weiteren Zeremonie in den Ganges gestreut. Damit endet dann die Reinkarnation, man wird dann also nicht mehr wiedergeboren. Auch selbst hier spielt Geld natürlich eine Rolle. An der Verbrennungsstätte gibt es unterschiedliche Plätze. Auf einem Sandplatz neben dem Ufer finden die meisten für uns sichtbare Verbrennungen statt. Dann gibt es eine gemauerte, erhöhte Stelle, dort haben wir einen vorbereiteten Stapel gesehen. Wiederum dahinter gab es eiserne Ablagen, unter die Feuer gemacht wird und ganz oberhalb gab es ein Krematorium, wenn man sich nicht mehr leisten kann. Wir betrachten die ganze Szenerie bis es uns im wahrsten Sinne des Wortes zu heiss wird, denn die Sonne brezelt ganz ordentlich vom Himmel und heizt uns mächtig ein.

Wir kommen an einer zweiten Verbrennungsstätte vorbei, der gleiche Ablauf. Es gibt ja sehr viele unterschiedliche Meinungen über dieses Jahrhunderte alte Ritual, aber ich finde, es steht uns nicht zu, darüber zu urteilen, jeder soll das machen, wie er möchte.

Der Spaziergang am Ganges wird immer heißer, die Temperaturen sind tagsüber inzwischen auf 25-30 Grad gestiegen und die Sonne brennt uns mächtig auf den Rücken. Wir suchen ein schattiges Plätzchen auf den Treppen und kaufen im Shop nebenan eine Flasche kaltes Wasser. Ein Junge steht vor mir und möchte ein Selfie haben, ok, warum nicht. Kaum sitze ich auf den Stufen, kommt seine restliche Familie und schwupps bin ich umringt von Mama, Oma, Papa, wahrscheinlich Brüdern und ein kleines Baby wird mir in die Arme gelegt, vielleicht zwei Monate alt. Ein Gespräch kommt leider mangels Englischkenntnissen nicht in Gang, aber das ist ja auch nicht wichtig. Nach vielen Schnappschüssen sind alle zufrieden und wir können weiter gehen.

Wir verlassen die Ghats und über superschmale, verwinkelte Wege und einmal einen Polizisten fragen, finden wir wieder an die Hauptstraße und gehen noch ein Stückchen der Straße lang. Zweimal kommt uns eine Gruppe entgegen mit einem Verstorbenen aufgeschultert… ist schon gewöhnungsbedürftig. An einer großen Kreuzung steigen wir wieder in ein Tuktuk ein und los geht eine weitere Höllenfahrt zum Hotel. Gut angekommen, nix passiert, aber ich wundere mich jedes Mal, wie das alles geht. Es ist wirklich unbeschreiblich, wir drehen sogar ein Video mit dem Handy, aber das kann es auch nicht richtig wiedergeben, man muss es wirklich selbst erleben…oder auch nicht.
Nachmittags haben wir endlich mal richtig Zeit, um am Blog weiter zu schreiben. Wir sitzen auf der Dachterrasse und stellen zu unserem Schrecken fest, es gibt schon wieder eine Hochzeitsfeier, ade ruhige Nacht. Viele Männer sind mächtig am schmücken und einer knetet eine riesige Menge Teig für Roti. Also müssen wir heute abend unten essen…..
 

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